Digitale Transformation: Warum jetzt handeln?

Die Digitale Transformation ist quer durch alle Branchen im vollen Gange. An der Spitze mitzuspielen und die Zukunft mitzugestalten ist dabei mit erheblichen Anstrengungen verbunden, also besser dem Spitzenfeld den Vortritt überlassen und später auf eine bewährte Lösung setzen…

…oder etwa doch nicht?

In den vorherigen Artikeln dieser Reihe haben wir bereits Digitale Transformation definiert und Erfolgsfaktoren aus erfolgreichen Case Studies abgeleitet. Digitale Transformation ist ein ganzheitlicher Ansatz und Teil der fortlaufenden Veränderung im Unternehmen. Sie wird durch Technologie befeuert, mit dem Ziel der Verbesserung des Kundenerlebnis und der Steigerung der Effizienz unternehmensinterner Prozesse.

…und wie kundenorientiert sind Sie?

Bing Chat erstellt einen maßgeschneiderten City Guide mit Restauranttipps und den wichtigsten Sightseeing Spots für einen Wochenendtrip nach London, Amazon liefert mit nur einem Klick innerhalb von 24 Stunden direkt vor die Haustür, die Lieferapp verrät auf wenige Minuten genau die verbleibende Zeit, bis die herrlich duftende Lieblingspizza ankommt. All diese Beispiele sind nur durch die nahtlose Integration digitalisierter Prozesse und dessen konsequente Ausrichtung auf die Maximierung des Kundennutzens möglich.

Ihre Kunden schätzen und genießen all diese Annehmlichkeiten und Vorteile bereits in vielen Lebensbereichen, diese Leichtigkeit wird so zur neuen Erwartungshaltung – auch an die Prozesse Ihres Unternehmens. Denn das gilt nicht nur im Privatkundensegment sondern vor Allem im B2B Bereich. Schlussendlich sind Sie gerade hier im „Peoples Business“ und interagieren selbstverständlich immer noch mit Menschen, mit dem kleinen, aber feinen Unterschied auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Stakeholder gleichzeitig eingehen zu müssen.

Durch den Einsatz digitaler Technologien können Sie den erlebten Kundennutzen erhöhen, beispielsweise durch schnelle und reibungslose Interaktion, selbst außerhalb der Öffnungszeiten und wenn der gewohnte Ansprechpartner nicht erreichbar ist. Auch eine schnelle und nahtlos integrierte Erstellung personalisierter und verbindlicher Angebote wird mittlerweile von Kunden vorausgesetzt, Uber Fixpreise und Online Konfiguratoren machen es vor. Gleichzeitig können digitale Prozesse die Effizienz steigern, indem sie manuelle Aufgaben automatisieren, den Datenaustausch erleichtern und Bearbeitungszeiten verkürzen. All das führt zu einer insgesamt verbesserten Customer Experience und gleichzeitig einer effektiveren Arbeitsweise im Unternehmen.

The Trend is your Friend

Spätestens seit dem Launch von ChatGPT ist das Thema künstliche Intelligenz (KI) omnipresent. Der Chatbot zeigt eindrucksvoll das Potential von KI in der Unterstützung von Wissensarbeit und Dienstleistungen auf, wirft aber auch neues Licht auf bereits etablierte Machine Learning Modelle, die schon seit Jahren etwa Aufgaben in der Medizintechnik und Fertigungsindustrie übernehmen und Service- und Wartungsprozesse unterstützen.

Nicht ohne Grund rechnet das Marktforschungsinstitut Gartner im „Gartner Emerging Tech Impact Radar 2023“ mit großen Produktivitätssteigerungen durch KI basierte Tools schon binnen der kommenden 12 Monate. Laut Gartner verschaffen sich Unternehmen, die diese Potentiale bereits früh erkennen und rasch in ihre Wertschöpfungsprozesse integrieren durch Produktivitätssteigerungen ihrer Teams und Systeme einen erheblichen Vorteil zur Konkurrenz.

Doch nicht nur KI wird von Gartner als Trending Topic mit großem Einfluss auf Geschäftsprozesse und Business Modelle gesehen. Wie im selben Report erwähnt, gehen sie weiters davon aus, dass ebenfalls Blockchain in den nächsten ein bis drei Jahren wieder in den Fokus rückt und zu einer Schlüsseltechnologie für neue Monetarisierungs- und Geschäftsmöglichkeiten wird, selbstverständlich gehen damit auch Themen wie Tokenisierung einher. Blockchain Technologie kommt immer dort zum Einsatz wo Transaktionen von Gütern, Werten oder Informationen erfasst und vor späterer Manipulation geschützt werden sollen. Darüber hinaus ermöglicht sie auch die Automatisierung von Transaktionen durch sogenannter Smart Contracts.

Blockchain ist bereits heute eine Schlüsseltechnologie in der Digitalen Transformation des Logistik Sektors, welcher sich optimal für die unternehmensübergreifende Organisation von Warenflüssen eignet. Sowohl Startups, wie CargoLedger, als auch IT Schwergewichte wie Accenture, Microsoft und IBM implementieren bereits vielversprechender Lösungen.

Back to the Roots

Doch halt! Gerade neue Entwicklungen und Trendthemen begeistern uns, wenn wir an Digitale Transformation denken. Betrachten wir die oben genannten Technologie Blockchain und Künstliche Intelligenz so sind diese zweifelsohne mit hohen Erwartungen behaftet. Getrieben vom Gefühl den Anschluss zu verpassen, lassen sich nur allzu viele Führungskräfte dazu verleiten auf den Trend-Zug aufzuspringen, nur um dann von Limitierungen, knappen Budgets und den Grenzen des technisch Machbaren überrollt zu werden. Doch selbst wenn Sie sich am Trend-Zug halten, rollt dieser manchmal aus und verliert an Fahrt – er wird von einem neuen Trend überholt, viele Mitreisende satteln zu diesem Zeitpunkt um, mit der Hoffnung schneller ans vermeintliche Ziel zu gelangen – doch nicht immer führt der Weg auch tatsächlich dort hin.

Nehmen wir an Sie fassen den Entschluss, einen Teil Ihres Service Ticket Prozesses mit dem Einsatz eines Large Language Models zu automatisieren. Ihre Kunden sollen dabei im Self-Service mit einem Chatbot kommunizieren. Dieser soll simple Fragen beantworten können und somit sich wiederholende Arbeitslast von den Service Mitarbeitern abnehmen, damit diesen mehr Zeit für die Lösung kniffliger Anfragen bleibt.

Wissen Sie welche Fragen von Kunden am häufigsten gestellt werden, die sich mit einer einfachen Antwort vom Support lösen lassen? Wo sammeln Sie diese Daten aktuell und wie stellen Sie sicher, dass das Problem tatsächlich behoben wurde? An welchen Stellen erlaubt Ihr Service Prozess einen nahtlosen Einstieg, falls das Problem nicht durch eine Antwort des Chatbots gelöst werden kann? Wenn Sie diese Fragen nicht beantworten können, dann planen Sie gerade einen Turm auf instabilem Boden zu errichten.

Das bedeutet, auch wenn Sie bereits Lösungsansätze in Form von Leuchtturmprojekten zur Digitalen Transformation ausgewählter Segmente haben: Stellen Sie zuerst sicher, dass sie auf ein stabiles Fundament aufbauen! Im Zweifel laufen Sie Gefahr, dass Ihr Leuchtturm – obwohl in sich durchdacht und gut konstruiert – im instabilen Boden versinkt und als „Schiefer Turm von Pisa“ zum Mahnmal für gescheiterte Digitale Transformation in Ihrem Unternehmen wird. Das kann im schlimmsten Fall zu „vergiftetem Boden“ für weitere Digitalisierungsprojekte führen und weitere Investitionen oder sogar den Rückhalt Ihrer Mitarbeiter ins Wanken bringen. Der Konkurrenz liefern Sie damit den entscheidenden Vorteil, um an Ihnen vorbeizuziehen.

Die Lösung? Auch wenn Sie sich durch die Umsetzung einiger zielgerichteten Projekte einen Vorsprung in der Digitalisierung Ihres Unternehmens versprechen, betrachten Sie Ihre Ansätze immer im großen Ganzen. Laut einem im Journal of Digital Economy veröffentlichtem Artikel „Digital Transformation, Data Architecture, and Legacy Systems“ beeinträchtigt eine mangelhafte Datenstruktur in alten Bestandssystemen digitale Transformationsprojekte maßgeblich. Konkret scheitern etwa Initiativen für den Einsatz von Machine Learning Modellen ganz maßgeblich durch nicht zeitgemäße Systemlandschaften, lückenhaften Datenstrukturen und Systembrüche.

Analysieren Sie deshalb die Prozesse Ihrer Wertschöpfungskette. Wie greifen sie ineinander? Wie ist der Fluss der Informationen gesteuert? Gibt es Systembrüche oder manuelle Prozesse in Excel oder sogar noch auf Papier – wenn ja, welche Probleme entstehen dadurch zurzeit?

Machen Sie sich also zuerst daran, ein stabiles Fundament zu errichten, bevor Sie sich mit der Hoffnung auf rasche Verbesserungen an die neuesten Trendthemen heranwagen. Sie werden feststellen, dass Sie bereits durch eine abgestimmte Systemauswahl und -konfiguration, durchdachte Datenhaltung und solide Prozesse, die ohne Systembrüche ineinander greifen mit signifikanten Effizienzsteigerungen und erhöhter IT Sicherheit belohnt werden. Und das alles ohne auf Trendthemen wie KI zurückzugreifen, deren unbestrittenes Potential dann auf Ihr stabiles Fundament aufbauen kann. Doch um in Zukunft mit dessen Einsatz vorne mit dabei zu sein, müssen bereits heute die Basis für morgen schaffen.

Was bedeutet das für mich?

Digitale Technologien verändern nicht nur unsere Kultur und die Art, wie wir kommunizieren – sie haben auch einen signifikanten Einfluss auf die existierenden Geschäftsmodelle Ihres Unternehmens. Diese müssen sich an neuen Kundenanforderungen orientieren.

Der Einsatz neuer Technologien wie etwa KI und Blockchain verspricht großen Nutzen – die Praxis zeigt allerdings, dass die allermeisten Projekte in der Umsetzung scheitern, da sie auf Altlasten und einer instabilen Basis aufbauen.

In vielen Branchen rütteln Disruptoren mit digitalisierten Geschäftsmodellen an den etablierten Marktteilnehmern und verschaffen sich durch den Einsatz neuer Schlüsseltechnologien den nötigen Vorsprung. Alleine durch das Integrieren derselben Technologien können Sie dieses Potentiale nicht erschließen. Eine erfolgreiche digitale Transformation muss deswegen mit dem Schaffen einer soliden Basis der IT Systeme und Datenstrukturen beginnen und darauf aufbauend die richtigen Technologien anwenden, um konsequent den bestmöglichen Kundennutzen zu generieren.

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Author: Martin Stoiber

Seit einem Jahrzehnt fühle ich mich in Innovationsprojekten und speziell der Digitalisierung wie zuhause und treibe durch ständiges Challengen des Status Quo Veränderung voran. Meine Neugier treibt mich neben dem andauernden Erweitern meines Methodenkastens zur Digitalen Transformation und Change Management auch ins Development - dorthin, wo der Grundstein für Digitalisierung und datengetriebene Entscheidungen gelegt wird. Darüber hinaus begeistert mich die dadurch beeinflusste Veränderung von Geschäftsmodellen, worüber ich auch gerne als Gastlektor spreche. Über diese und weitere aktuelle Themen schreibe ich als Autor im Fractional View Blog.